Christ & Gantenbein gewinnen den Studienauftrag USZ Kernareal für die Erweiterung des Universitätsspitals Zürich. Die anstehende bauliche Gesamterneuerung ist ein wichtiger Meilenstein in der Spitalgeschichte.
Mit den geplanten Neubauten will das Universitätsspital Zürich (UZH) die Gebäudestrukturen an die Medizin von morgen anpassen. Im Vorfeld des Studienauftrags stellte das Spital im Rahmen seiner Strategie «USZ 2025» wichtige Weichen, wie im USZ der Zukunft gearbeitet werden soll. Dazu gehört zum einen die konsequente Trennung des ambulanten und des stationären Geschäfts. Mit dem neuen Ambulatorium «The Circle» am Flughafen Zürich wird die ambulante Behandlung möglichst nah an die Personenströme gebracht. Andererseits werden in den geplanten Neubauten interne Betriebsplattformen die interdisziplinäre Zusammenarbeit fördern. Die Unterteilung in Kliniken wird aufgelöst, und die Plattformen ermöglichen Spezialisten unterschiedlicher medizinischer Disziplinen, besser zusammenzuarbeiten. Vor diesem Hintergrund werden die Operationssäle, Intensivstationen und Räumlichkeiten für die Pflege von Patientinnen und Patienten konzipiert.
Reduktion der Baumasse
Städtebaulich sind die geplanten Bauten Bestandteil der Planung des Hochschulgebiets Zürich Zentrum HGZZ. Mitten in Zürich sollen ein Zentrum für Lehre, Forschung und medizinische Versorgung mit internationaler Ausstrahlung und ein lebendiges Hochschulquartier entstehen. Auf der Grundlage von Masterplänen und Vertiefungsstudien mit voluminösen Mantellinien wurden die kantonalen Gestaltungspläne ausgearbeitet. Mit dem Studienauftrag «Stadtraumkonzept» und dem daraus resultierenden Weissbuch wurden verbindliche Grundlagen geschaffen; die Wichtigkeit der Aussenräume sowie der räumlichen Verbindungen im Quartier wurden gestärkt und festgelegt. Die darin enthaltenen Planungsregeln waren Grundlage für den Studienauftrag USZ Kernareal. Das Raumprogramm konnte nach einer kritischen Überprüfung um rund 30 Prozent reduziert werden, womit sich die Baumasse massgeblich verkleinerte.
Der zweistufige Studienauftrag mit Präqualifikation erstreckte sich über fast ein Jahr. Es bewarben sich 27 Planungsteams, wovon sieben zur 1. Stufe von Herbst 2017 bis Frühling 2018 zugelassen wurden. Anschliessend vertieften vier Teams ihre Projektansätze im Rahmen der 2. Stufe von Frühling bis Herbst 2018.
Ein Quartier, kein Spital
Christ & Gantenbein konnten sich gegen die Konkurrenz durchsetzen. Sie schlagen über beide Etappen vier grosse Häuser vor, die mittels Brücken miteinander verbunden sind und somit die für den Spitalbetrieb geforderten Raumzusammenhänge gewährleisten. Die Baukörper unterschreiten den vorgegebenen Rahmen des Gestaltungplans deutlich, die maximale Höhe bleibt um 13 m darunter. Damit reagieren sie angemessen auf den historischen Bestand und die Nachbargebäude. Bewusst unterscheiden sich die neuen Volumen von den relativ schmalen, 1941–1953 vom Büro Haefeli Moser Steiger erstellten Bestandsbauten; dennoch erlauben die Höfe eine gute Versorgung der Innenräume mit Tageslicht. Die differenzierten Freiräume schaffen im Sinn des Weissbuchs eine optimale Durchwegung des Spitalareals.
Die erste Etappe besteht aus zwei Gebäuden; im markanten Hofgebäude an der Gloriastrasse liegt der neue Haupteingang mit Service- und Gastronomieeinrichtungen. Von hier aus wird sich zukünftig die Magistrale als öffentliche innere Strasse durch den ganzen Komplex erstrecken. In den Obergeschossen befinden sich die holzverkleideten Patientenzimmer, alles Einzelzimmer. Der Notfallbereich liegt im Gebäude dahinter; in den Obergeschossen sind 24 Operationssäle auf drei Ebenen modular und deckungsgleich entlang der Fassaden angeordnet. Ein Erschliessungskern mit zwei prägnanten Treppentürmen verbindet die beiden Bauten miteinander. Der Ausdruck der neuen Gebäude wird durch die auskragenden Deckenplatten und Natursteinstützen geprägt, die der Fassade eine wirkungsvolle Tiefe verleihen und die Beziehung zum benachbarten Bestand stärken.
Hochpunkt und Stadtkrone
Die ARGE Staufer & Hasler / Meili, Peter & Partner schlägt für die erste Etappe vor, die Zeile des Haefeli-Moser-Steiger-Baus mit einem Gebäude fortzuführen. Dahinter liegt ein kompaktes, hohes Haus, das die Höhenvorgabe des Gestaltungsplans von 512 m ü. M. gerade einhält. Dieser Schwerpunkt verankert die Anlage in der Stadtsilhouette hinter ETH und Universität. Für die zweite Etappe wird die Anlage um zwei Z-förmige Bauten ergänzt, wobei zwischen Neubauten und Bestand ein interessanter Zwischenraum, der «Jardin Enfilade», entsteht. Der gewagte Hochpunkt, das Überschreiten der geforderten Nutzfläche und die aufwendige vertikale Spitalerschliessung entsprechen jedoch nicht den Maximen und Zielsetzungen des Studienauftrags.
Der Beitrag von Nickl & Partner mit BS + EMI Architekturpartner sieht eine entschiedene städtebauliche Setzung vor, mit einem Baukomplex, der sich hinter dem bestehenden Universitätsspital flach und netzartig ausbreitet. Die grossen Neubauten, die in ihrem architektonischen Ausdruck ein Weiterbauen des Bestands suchen, schaffen es aber nicht, die im Weissbuch verlangte öffentliche Durchlässigkeit des Areals überzeugend zu erfüllen.
Kein Endzustand
Die Neubauten der 1. Etappe stellen einen wichtigen Meilenstein in der Gesamterneuerung des Universitätsspitals dar; sie sollen 2026 eröffnet werden. Sie symbolisieren den Auftakt der Transformation zu einem zeitgemässen Spital mit medizinischer Versorgung, Forschung und Weiterbildung im Zentrum von Zürich. Im Gegensatz zu einem kompletten Ersatzbau bietet diese Gesamterneuerung in Etappen nebst zahlreichen logistischen Herausforderungen und Rochaden auch die Chance, bei der Planung der weiteren Ausbauetappen laufend auf die neuen Erkenntnisse und Veränderungen zu reagieren. So wird das Universitätsspital Zürich nie einen Endzustand erreichen, sondern sich ständig schrittweise und evolutionär weiterentwickeln. • Text: Andreas Kohne
Schweizerische Bauzeitung – TEC21, 2019, Heft Nr. 9-10, PDF
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